Das Werk Hieronymus Boschs fordert regelrecht dazu auf, einen Blick auf die Details zu werfen und so die fantastische Bilderwelt des Künstlers zu entdecken: Höllische Kreaturen, seltsame Mischwesen und exotische Tiere tummeln sich auf seinen Leinwänden.
In seitengroßen, hochauflösenden Bildausschnitten zeigt „Bosch – Meisterwerke im Detail“ die vielfältigen und exakt ausgearbeiteten Figuren und die detailreichen Szenerien. Neunzehn Gemälde werden zunächst ganzformatig vorgestellt und anschließend in den einzelnen Kapiteln des Buches unter bestimmten Aspekten detailliert betrachtet. So kann der Leser blätternd das Werk des Künstlers sowohl im Gesamten als auch im Einzelnen studieren. Praktisch dabei ist das Format des Buches, das weder im für Boschs Gemälde ungeeigneten Kleinformat noch in kaum blätterbaren, überdimensionierten Ausmaßen daherkommt wie andere Publikationen zu Bosch.
Der Autor Till-Holger Borchert führt den Leser kenntnisreich durch das Werk Hieronymus Boschs, das er aus immer wieder neuen und überraschenden Blickwinkeln betrachtet. Dabei widmet er sich sowohl den großen Meisterwerken wie Der Garten der Lüste, Der Heuwagen, Die Versuchung des heiligen Antonius sowie dem Weltgerichtstriptychon als auch weniger bekannten, aber nicht minder spannenden Gemälden, wie etwa den künstlerisch anspruchsvollen Grisaillen, die für die Rückseiten verschiedener Flügelaltäre geschaffen wurden. So wird die Differenziertheit der in verschiedenen Grautönen ausgearbeiteten Passionserzählung auf dem Retabel der Liebfrauenbruderschaft erst in ihren Detaildarstellungen offenbar: Bosch legt die Stationen der Passion Christi zirkelförmig an und platziert das Geschehen vor einem in flüchtigen Pinselstrichen geschaffenen Landschaftshintergrund. Außerhalb des Passionskreises herrscht eine tiefe Finsternis, die – kaum wahrnehmbar – von Dämonen bevölkert wird.
Mit heutigen Vorstellungen vom Künstlertum, so konstatiert der Autor, könne man sich dem Werk Boschs nicht nähern, das „sich vielmehr als eine Art kollektiver Atelierstil begreifen“ lässt, der „mehr mit Walt Disney zu tun hat als mit van Gogh.“ Hieronymus Bosch nimmt im Produktionskontext vielmehr die Rolle des Erfinders der Darstellungen ein, deren Ausführung jedoch mitunter in den Händen seiner Werkstatt lag – je nachdem, wie wichtig der Auftrag war.
Die einzelnen Kapitel des Buches befassen sich mit den für Boschs Œuvre charakteristischen Themen wie etwa Himmel und Hölle, Musik und Lärm, Monster und Fantasiewesen. Der präzise und profunde Text des Bosch-Kenners Borchert liest sich mit einer erfrischenden Leichtigkeit. In der Einleitung macht der Autor deutlich: „Wenn ich mit jeweils wenigen Zeilen und vielen Details die Neugierde des Leser für diese lange Zeit übersehenen Qualitäten der Kunst des Hieronymus Bosch wecken kann, (…) dann hat dieser Band seinen Zweck erreicht.“
2016 jährt sich Hieronymus Boschs Todestag zum 500. Mal. Seine Werke jedoch sind von erschreckender Aktualität: Sie zeigen apokalyptische Visionen, visualisieren Lust und Schmerz und spielen mit Tabubrüchen. Die Bilderwelten des um 1450 geborenen Malers, von dessen Leben so wenig bekannt ist, thematisieren auf unkonventionelle Weise zeitgenössische gesellschaftliche und religiöse Themen und waren, sind und bleiben ein Faszinosum.
„Bosch – Meisterwerke im Detail“ macht den unglaublichen Detailreichtum der Werke Boschs sichtbar und erkundet die Geschichten und Rätsel, die sich hinter den Gemälden verbergen.
Hieronymus Bosch – Meisterwerke im Detail, Köln 2016. 25 x 32 cm. 320 S. mit 154 farb. Abb. Text in deutscher Sprache. Verlag Bernd Detsch, gibt es hier bei artbooksonline.eu
www.verlag-bernd-detsch.de