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Eva Hesse – Zeit, ins Kino zu gehen

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Künstlerinnen scheinen in der Kunstrezeption oft zu kurz zu kommen. Nun ist ein neuer Dokumentarfilm zu Eva Hesse in den Kinos und wird von Julia Voss, stellv. Leiterin des Feuilletons der FAZ, als „an einigen Stellen geradezu mitreißend“ beschrieben (hier).

Eva Hesse zählte zu den Großen ihres Fachs. 1970 wurde ihre Skulptur „Contingent“ in der Mai-Ausgabe von Artforum auf dem Cover abgebildet – ein letzter Erfolg den sie persönlich erleben konnte, bevor sie im gleichen Jahr im Alter von nur 34 Jahren an einem Hirntumor starb – ein Aspekt, der zu ihrem Mythos beiträgt. Das Bild zeigt im Raum gespannte, schimmernde, fast transparente Leinensegel, in denen sich das Licht bricht. Sie sind eine Metapher auf ein wesentliches Element von Hesses Schaffen: Ihre Arbeiten sind flexibel und zugleich fragil, sie sind leuchtende, sich windende Konstruktionen, in denen Hesse sich selbst zersetzende Materialien wie Naturkautschuk, Glasfaser und Polyester verarbeitet.

Eva Hesse

Eva Hesse

Hesses Werke bilden den Leitfaden für Marcie Begleiters Dokumentarfilm: „Mit Neugierde versucht sie, der Frage auf den Grund zu gehen, wie die Künstlerin ihre ebenso eigenständige wie merkwürdige Formensprache entwickelte. Im Zeitraffer durchlief Hesse ihre künstlerische Entwicklung, die mit dem abstrakten Expressionismus begann, sie dann zu einer Art Surrealismus brachte und schließlich zu einer Vertreterin des Minimalismus werden ließ.“ (Voss, FAZ, 5.5.2016)

Dabei wird Hesses Kunst biografisch konturiert. Neben Auszügen aus Tage-, Notiz- und Kalenderbüchern hält die Dokumentation viele Filmaufnahmen bereit, deren „beeindruckende Dichte“ Julia Voss hervorhebt. Begleiters Dokumentation knüpft damit an eine Publikation von Michael Jürgs an, die 2007 erschien und u.a. Interviews mit Hesses Ehemann Thomas Doyle und Freunden enthält („Eine berührbare Frau“, 2007). Diese biografische Herangehensweise in Bezug auf die Lesart ihrer Kunst kann dabei durchaus kritisch gesehen werden (Der Freitag, 11.05.2016 oder auch Frankfurter Rundschau). Sie bietet aber auch neue Blickwinkel und macht Lust, sich intensiver mit Hesses Kunst zu beschäftigen.

Da diese so fragil ist, ist das gar nicht so leicht: Die letzte große Retrospektive gab es 2013 in der Hamburger Kunsthalle. Viele Arbeiten können aufgrund ihres Zustands nicht mehr gezeigt werden. Das filmische Material, das Hesse bei der Arbeit zeigt, erscheint nun umso wichtiger.

Fazit: Zeit, ins Kino zu gehen. Wer sich schon mal auf Hesses „zarten, schwebenden Minimalismus“ (art, 12/2013) vorbereiten möchte, für den gibt es bei artbooksonline.eu eine Auswahl von Hesses Büchern, darunter auch den Katalog aus der Hamburger Kunsthalle.

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